Sachbuch:
Die Bombe, die uns töten sollte - Von Bernd Rausch
202 Seiten, 14,90 €, ISBN 978-3-9819623-2-1
"Das Buch
hat die Bomben- und Brandanschläge im Saarland als Ausgangspunkt und
zeigt diese im Kontext der rechten Terrornetzwerke in Deutschland seit dem
Attentat auf das Münchener Oktoberfest im Jahre 1980. Ausgangspunkt ist
der gescheiterte Terrorangriff auf das Wahlkampfbüro der Linke Liste/PDS
am 19. November 1990 bei dem der Autor und seine Mitstreiter-innen als Kollateralschäden
eingeplant waren. Ein sehr lesenswertes Buch über den geduldeten rechten
Terror in Deutschland
Das Buch "Die Bombe, die uns töten
sollte" von Bernd Rausch - 202 Seiten, 14,90 €, ISBN 978-3-9819623-2-1
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Herzlich Bernd Rausch
Herzlich
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VON CHRISTOPH SCHMIDT-LUNAU
Die irritierenden Bilder im Kopf, die durchlebten Ängste lassen Bernd Rausch bis heute nicht los. 19. November 1990: Unter einer Treppe vor der Geschäftsstelle der Linken Liste/PDS in Saarbrücken entdecken er und eine damalige Kollegin ein Sprengstoffpaket mit Zeitzünder. Sie waren nur zufällig auf die Bombe aufmerksam geworden, weil an diesem Tag Propagandamaterial aus der Parteizentrale angeliefert wurde. Mit einer Wasserdruckpistole entschärfen herbeigerufene BKA-Spezialisten den Sprengsatz. Der Zünder war auf einen Zeitpunkt eingestellt, an dem die Bombe wohl mehr als zwei Dutzend GenossInnen getroffen hätte.
Jedes noch so kleine Detail hat der heute 69-jährige
Rausch noch präsent: Wir hatten Todesangst, sagt er der taz.
Damals ermittelten die Strafverfolgungsbehörden offenbar halbherzig.
Ein Polizeibeamter streute sogar das Gerücht, die PDS habe den Anschlag
selbst inszeniert, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Akten wurden
nach einem Jahr geschlossen.
Jetzt liegen sie erneut auf dem Tisch, dank Rauschs Beharrlichkeit. Vergangenen
Oktober, kurz vor dem 30. Jahrestag des Anschlags, nahm die Staatsanwaltschaft
Saarbrücken die Ermittlungen erneut auf. Anlass war das Buch Die
Bombe, die uns töten sollte, in dem Rausch die Tat und die nachlässigen
Ermittlungen ausführlich dokumentierte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt
nun wegen versuchten Mordes, kann jedoch noch keine neuen Erfolge vermelden.
Die Ermittlungen dauern an, teilte sie der taz mit.
Dass die Staatsanwaltschaft bei ihm für die Ermittlungen sogar Unterlagen
anfordern musste, ist für Rausch Beleg für die lasche Vorgehensweise
im ersten Anlauf. Offensichtlich war damals kein Todesermittlungsverfahren
eingeleitet worden, denn die Behörden konnten jetzt weder auf eigene
Akten noch Asservate zurückgreifen. Vernichtet wegen Fristablauf,
vermutete die Staatsanwaltschaft bei der Anhörung im Innenausschuss des
saarländischen Landtags im Oktober letzten Jahres. Wäre wegen Mordversuchs
ermittelt worden, müssten die Unterlagen noch aufzufinden sein. Die Staatsanwaltschaft
muss nun auf die Unterlagen zugreifen, die Rausch in seiner Publikation auflistete.
Dazu wurde er zuletzt im März ausführlich befragt.
Eigene Unterlagen wurden vernichtet. Staatsanwaltschaft greift auf Rauschs Unterlagen zurück
Der Buchautor und Mediendesigner im Ruhestand stellt den versuchten Bombenanschlag
gegen ihn und seine GenossInnen in eine Reihe mit zahlreichen mutmaßlich
rassistisch motivierten Brandanschlägen auf Unterkünfte von Migranten
und Asylbewerber, die im Saarland in den 90er Jahren offenbar Angst und Schrecken
verbreiten sollten.
Der folgenreichste traf im August 1991 eine Unterkunft in Saarlouis. Unbekannte
hatten einen Brandsatz im Treppenhaus eines Wohnheims gezündet. Zwei
junge Männer aus Nigeria wurden verletzt, als sie sich mit einem Sprung
aus dem Fenster retten konnten. Der 27-jährige Samuel Yeboah versuchte
durchs brennende Treppenhaus ins Freie zu kommen. Noch auf dem Weg ins Krankenhaus
erlag er seinen schweren Verletzungen.
Auch in diesem Fall gibt es offenbar endlich eine Spur. Auf Anordnung des
Generalbundesanwalts durchsuchte die Polizei im Januar die Wohnung eines tatverdächtigen
49-Jährigen. Für einen Haftbefehl gebe es bislang keine hinreichenden
Beweise, teilte die Bundesanwaltschaft der taz mit: die Ermittlungen
dauern an. Zu einem möglichen Zusammenhang mit dem Saarbrücker
Bombenanschlag mochte weder die Behörde in Saarbrücken noch die
in Karlsruhe Stellung beziehen.
Für Rausch, der sich selbst als Ökosozialisten bezeichnet, sind
das erste Erfolge in einem langen, einsamen Kampf. Er hat in all
den Jahren nicht locker gelassen. Nachdem der Nagelbombenanschlag in Köln
2004 Jahre später dem rechtsterroristischen NSU zugerechnet werden konnte,
habe er die Bundesanwaltschaft aufgefordert, den Kölner Sprengsatz mit
dem aus Saarbrücken zu vergleichen, ebenfalls ein Selbstsubstrat.
Vergeblich.
Im Saarland gab es nicht nur die Brandanschläge und die Bombe. Da war
auch der Anschlag auf die geplante Ausstellung Vernichtungskrieg. Verbrechen
der Wehrmacht in Saarbrücken im März 1999. Auch dieser Anschlag
wurde nicht aufgeklärt.
PolitikerInnen der saarländischen CDU hätten dagegen lieber gegen
die angebliche Beschmutzung des Andenkens an die deutschen Soldaten demonstriert,
erinnert sich Rausch. Auch die Hinweise, dass das NSU-Trio im Saarland unterwegs
war, seien im Dunkeln geblieben. Nach Rauschs Überzeugung passt das alles
zu dem, was er saarländische Verhältnisse nennt: Nach
der Angliederung des Landes an die Bundesrepublik seien die Verstrickung führender
saarländischer Politiker in das Nazi-Regime systematisch verleugnet worden,
hinter einer Mauer des Verschweigens, wie er sagt.