Aus: junge welt - 04.12.2020, Seite 11 / Feuilleton
SACHBUCH
Mao
hat geholfen
»Die Bombe, die uns töten sollte«: Bernd Rausch
erinnert an unterschlagenen Rechtsterrorismus im Saarland
Von Stefan Ripplinger
Links zu sein ist nirgendwo leicht. Im Saarland ist es grässlich.
In seinem Büchlein über ein geplantes Bombenattentat gegen ihn und
seine Genossen sieht Bernd Rausch die Ursache des antilinken Klimas in der
Dreieinigkeit von Schlotbaronen, preußischer Obrigkeit und katholischer
Kirche seit dem 19. Jahrhundert.
Er hätte noch weiter zurückgreifen können. Während der
Französischen Revolution besetzten Arbeiter (darunter einer meiner Vorfahren,
Tagelöhner wie ich) örtliche Werke und Minen. Der Aufstand wurde
von kurpfälzischen Truppen niedergeschlagen. Solche Lektionen sedierten
das Saarland, um ein Wort des Soziologen Josef Reindl abzuwandeln. Schlimm
genug, von Duckmäusern angefeindet zu werden, ist es ein Horror, auf
eine sechs Kilogramm schwere Bombe zu stoßen, die zerstörerisch
genug gewesen wäre, die 35 Personen, darunter Rausch selbst, die für
den Abend des 8. Oktober 1990 im Büro der PDS/Linke Liste erwartet wurden,
zu töten.
Ausgerechnet Maos Forderung, zwischen Hand- und Kopfarbeit
nicht zu trennen, rettete Rausch das Leben. Er sah sich mitten im Wahlkampf
dazu berufen, die Treppe zu putzen, und entdeckte dabei die Bombe. Nach der
Entschärfung kam, was stets kommt, die Behörden schlugen den Fall
nieder. In der Saarbrücker Zeitung schrieb ihr späterer
Chef vom Dienst (20.11.1990): »Wer auch immer die Bombe oder
war es eine Attrappe? gelegt hat, eines hat er sicherlich erreicht,
ob gewollt oder ungewollt: Er hat der SED-Nachfolgepartei einen Riesendienst
erwiesen.«
Rauschs Büchlein »Die Bombe, die uns töten sollte« ist,
was in Punkzeiten »DIY« hieß, also selbstgemacht; niemand
hat dreingeredet, niemand hat lektoriert. Die gesammelten Fakten, auch über
andere Attentate von rechts, auch jenseits des Saarlands und bis heute, sind
verstörend. Was fehlt, ist eine Analyse des rechten Milieus, vielleicht
Stoff für eine künftige Publikation.