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Image Bernd Rausch - Beitrag in der taz von Christofh Schmidt-Lunau - 21. Mai 2021

Aus: junge welt - 04.12.2020, Seite 11 / Feuilleton

SACHBUCH

Mao hat geholfen

»Die Bombe, die uns töten sollte«: Bernd Rausch erinnert an unterschlagenen Rechtsterrorismus im Saarland

Von Stefan Ripplinger

Links zu sein ist nirgendwo leicht. Im Saarland ist es grässlich. In seinem Büchlein über ein geplantes Bombenattentat gegen ihn und seine Genossen sieht Bernd Rausch die Ursache des antilinken Klimas in der Dreieinigkeit von Schlotbaronen, preußischer Obrigkeit und katholischer Kirche seit dem 19. Jahrhundert.
Er hätte noch weiter zurückgreifen können. Während der Französischen Revolution besetzten Arbeiter (darunter einer meiner Vorfahren, Tagelöhner wie ich) örtliche Werke und Minen. Der Aufstand wurde von kurpfälzischen Truppen niedergeschlagen. Solche Lektionen sedierten das Saarland, um ein Wort des Soziologen Josef Reindl abzuwandeln. Schlimm genug, von Duckmäusern angefeindet zu werden, ist es ein Horror, auf eine sechs Kilogramm schwere Bombe zu stoßen, die zerstörerisch genug gewesen wäre, die 35 Personen, darunter Rausch selbst, die für den Abend des 8. Oktober 1990 im Büro der PDS/Linke Liste erwartet wurden, zu töten.

Ausgerechnet Maos Forderung, zwischen Hand- und Kopfarbeit nicht zu trennen, rettete Rausch das Leben. Er sah sich mitten im Wahlkampf dazu berufen, die Treppe zu putzen, und entdeckte dabei die Bombe. Nach der Entschärfung kam, was stets kommt, die Behörden schlugen den Fall nieder. In der Saarbrücker Zeitung schrieb ihr späterer Chef vom Dienst (20.11.1990): »Wer auch immer die Bombe – oder war es eine Attrappe? – gelegt hat, eines hat er sicherlich erreicht, ob gewollt oder ungewollt: Er hat der SED-Nachfolgepartei einen Riesendienst erwiesen.«
Rauschs Büchlein »Die Bombe, die uns töten sollte« ist, was in Punkzeiten »DIY« hieß, also selbstgemacht; niemand hat dreingeredet, niemand hat lektoriert. Die gesammelten Fakten, auch über andere Attentate von rechts, auch jenseits des Saarlands und bis heute, sind verstörend. Was fehlt, ist eine Analyse des rechten Milieus, vielleicht Stoff für eine künftige Publikation.