Auszüge aus einem Interview, das Mohsen Ramazani Moghadan dem Magazin "Viertel Vor" gab (unredigierte Fassung)

Mohsen: Ich lebe seit 37 Jahren in Saarbrücken. Die Entwicklung im Nauwieser Viertel gliedert sich meines Erachtens in drei Perioden.

In der ersten Periode haben die Leute im Bingert über Ökonomie, Geschichte, Politik und Kunst diskutiert. Die damalige Generation zeigte alternative, ökonomische und soziale Perspektiven auf. Heute sehe ich trotz Wirtschaftskrise keine wirkliche, relevante Diskussion die irgend etwas von Bedeutung aufzeigt.

In der zweiten Periode veränderte sich die Situation dahingehend. Die Friedensbewegung und die Ökos eroberten und belagerten das Viertel. Hauptthema war Frieden und Ökologie. Sie wollten eine Welt schaffen ohne Waffen.
Eine besondere Aktion der Nauwieser-Friedensaktivisten war "Panzer mit bloßen Händen kaputt machen". Ob diese Aktion funktioniert hat oder nicht ist eine andere Geschichte, die nicht zum Nauwieser Viertel gehört.

Die Dritte Phase möchte ich als Phase des Stillstands bezeichnen.. So viele von diesen Friedenaktivestisin und Ökos sitzen heute in Land- Kreis- und im Bundestag und an vielen anderen Schaltstellen der Republik. Doch wie wir wissen ist Deutschland heute einer der größten Waffenproduzenten und Waffenexporteure in Welt ist. Ich höre keine Aufschrei, was ich wahrnehme ist Schweigen und Totschweigen. Lassen wir das, das gehört nicht zum Nauwieser Viertel.
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Zentral in meiner Wertung ist: Wie stark oder wie schwach ist der Grad der Entfremdung, unter dem die Menschen zusammen leben. Im Nauwieser Viertel war die Entfremdung der Menschen zueinander schon immer weitaus geringer als im Rest der Stadt, weil eine offene politische, soziale und kulturell-emanzipatorische Grundierung dem Leben zu Grunde lag. Das Viertel war auch der Ort der Zuflucht für all jene, die der Einsamkeit entrinnen wollten. Ich finde, auch heute ist der Grad der Entfremdung im Viertel noch immer nicht so stark wie an einem anderen Ort in Saarbrücken.