Bildtitel: Die Asche der Toten und das Gedenken: Auschwitz - Berlin, Bild: Bernd Rausch
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Rassismus tötet Von Bernd Rausch

Uni Bockenheim - Frankfurt a.M. 15.4.2013

Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, hat
anläßlich der Einweihung des Mahnmals für die ermordeten Roma und Sinti im
Nationalsozialismus am 24.10.2012 in Berlin vor einem neuem Rassismus
gegen Sinti und Roma gewarnt. Dieser Rassismus richtet sich vordergründig
gegen seine Minderheit, tatsächlich aber gehe es um die Demokratie und die
demokratischen Werte insgesamt.

Es sind hunderte Facetten, aus denen sich Rassismus, Antiziganismus und
Antisemitismus speist. Es ist die staatliche und gesellschaftliche Duldung,
die Toleranz und Funktionalisierung der Taten und der Täter für politische
und ökonomische Zwecke und es ist die Enthumanisierung einer Gesellschaft,
die in Deutschland seit den 1990er Jahren verstärkt betrieben wird. Und es ist
die ungesühnte Barbarei des deutschen Menschheitsverbrechens durch die Nationalsozialisten, welche nach ihren Taten die Bundesrepublik Deutschland aufbauten und unter anderem das Alltagsbewußtsein bis heute mitprägen.

Die Pogrome in Rostock-Lichternhagen 1992 erinnerten Ignatz Bubis, den
damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, an die
Pogrome vom 9. Novenber 1938.

Es ist der rassistische Hype, den die deutschen Massenmedien mit dem
Popler und Bauchredner Sarrazin in Szene setzten. An vorderster Front
organisierten diesen Mainstream Rassismus und Antisemitismus der Spiegel,
die Springer Medien und die FAZ. Es ist wieder soweit. Im Land der
Massenmörder und Menschenschlächter spricht man wieder vom jüdischen Gen.
Was Sarrazin sagt, ist nicht neu. Neu ist die Verbindung von
Islamfeindlichkeit mit Thesen der Eugenik (Vorläufer und Grundlage der
nationalsozialistischen Rassenhygiene) und des Antisemitismus. Es ist
jener Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus, der in Deutschland zum
eliminatorischen Antiziganismus und Antisemitismus, zum
Menschheitsverbrechen führte.

Die Morde des NSU wurden von staatlichen Diensten zumindest unterstützt.
Diese Unterstützung speist sich einerseits aus rassistischen Ressentiments
und zum anderen aus ökonomischem Kalkül.

Zirka zehn Millionen Sinti und Roma leben in Europa, zum Teil unter
elenden Bedingungen,
vielerorts werden sie ausgegrenzt, diskriminiert, nicht als Individuen und
Rechtssubjekte behandelt. Die Diskriminierung der Romavölker als Zigeuner
müssen die Angehörigen dieser größten ausgegrenzten europäischen Minderheit
seit Jahrhunderten erleiden. Klaus Michael Bogdal, der Autor des Buches
„Europa erfindet die Zigeuner“ sagt: „Man denkt: Bitte ein Minimum an
Eingedenken, ein Minimum an Respekt gegenüber einer halben Million Opfern
und den Überlebenden!“

Und hätten wir nicht nur eine Vorstellung, eine Konstruktion von einem
demokratischen Europa, dann wäre so etwas nicht möglich. Ungarns Regierung
ehrt Antisemiten und Antiziganisten und verteilt höchste staatliche Orden
an Typen wie den Moderator Szaniszlos, der die Roma als "Menschenaffen" im
TV diskriminierte. Mit dem Verdienstorden ausgezeichnet wurde zudem der
Archäologe Kornel Bakay, der von Jesus Christus behauptet, er sei kein
Jude, sondern ein Prinz aus dem - angeblich mit den Ungarn verwandten -
alt-iranischen Volk der Parther gewesen. Außerdem unterstellt er den Juden
im Mittelalter Sklavenhandel organisiert zu haben.
Das Goldene Verdienstkreuz erhielt der Leadsänger der Rockband Karpatia,
Janos Petras. Die Formation gilt als die "Hausband" der rechtsextremen
Parlamentspartei Jobbik. Karpatia schuf auch den Marsch für die inzwischen
verbotene paramilitärische Ungarische Garde, die die Partei Jobbik ins
Leben gerufen hatte. Die Band besingt in ihren Texten die "unbefleckte
Nation" und ruft zu gewaltsamen Veränderungen der Grenzen Ungarns auf.

Der für die Preise zuständige Minister Zoltan Balog nannte die Ehrung des
Moderators Szaniszlos "bedauerlich". Er habe von den antisemitischen
Äußerungen des Fernsehmanns nicht gewusst, sagte er. Für eine Aberkennung
der Auszeichnung gebe es aber keine juristische Handhabe. Zu den anderen
umstrittenen Ehrungen äußerte sich Balog nicht.

Und wie der Anitsemitismus aus 1000 Jahre Judenhass durch christliche
Religonen erzeugt wurde, bevor er in der Zeit des entwickelten
Kapitalismus zum eliminatorischen Antisemitismus wurde, so sind den antiziganistischen Konstruktionen jahrhundertelanger Hass auf das Fremde eingelagert.

Die Uni ist noch immer ein guter Ort sich auseinander zu setzen. Und wie
es hier an der Frankfurter Uni Arbeitskreise zu marxschen Theorien
gab/gibt oder zu Adorno, oder wie sich hier mit den Theorien von Moishe
Postone auseinander gesetzt wurde um antisemitische Konstruktionen besser
zu verstehen, so könnten sich auch Arbeitsgruppen bilden, die sich mit der
Arbeit von Klaus Michael Bogdal „Europa erfindet die Zigeuner“ auseinander
setzen um die antiziganistischen Projektionen zu verstehen.

Den Bildern des künstlerischen Teils der Ausstellung Frankfurt-Auschwitz
liegen Überlegungen zu Grunde, die heute erstmals auf einer
Bild-Text-Tafel zu sehen sind.