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29.07.2010 Monsieur Staatspräsident Sarkozy ist ein Rassist

(G.M.) Frankreichs Staatspräsident Sarkozy will Roma ohne Papiere abschieben und eine Änderung der Einwanderungsgesetze herbei führen.

Die französische Opposition wirft Sarkozy eine "ethnische Stigmatisierung" vor. Seine rassistischen Äußerungen dienten dazu , die Regierung wolle mit dem "Aufregerthema" von der Steuer- und Spendenaffäre um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt ablenken in die Sarkozy bis Oberlippe Unerkannte involviert ist.

Der französische Staatspräsident fordert: Schließung aller illegalen Lager innerhalb von drei Monaten: Frankreichs Präsident Sarkozy hat drastische Maßnahmen gegen Roma und Sinti angekündigt. Zudem sollen alle Landfahrer, die ohne Papiere in Frankreich leben, ausgewiesen werden - "aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit".

Wenn sich Romagemeinden wehren gegen Übergriffe durch die französische Polizei will der Präsident sie aus Frankreich deportieren lassen. Nach Ausschreitungen zwischen der Polizei und einer Gruppe von Roma hat Sarkozy die Schließung aller illegalen Lager dieser Bevölkerungsgruppe innerhalb von drei Monaten angeordnet.

Bei einem Regierungstreffen am Mittwoch sagte Sarkozy, alle Sinti und Roma, die ohne gültige Papiere in Frankreich lebten, würden ausgewiesen. Nachdem die Polizei vor knapp zwei Wochen im Loire-Tal einen jungen Roma bei einer Verkehrskontrolle erschossen hatte, verwüsteten aufgebrachte Angehörige der ethnisch-kulturellen Minderheit das örtliche Polizeirevier. Diejenigen, die für die Verwüstungen verantwortlich seien, müssten "hart bestraft" werden, sagte Sarkozy, und nicht die Mörder des Roma?

Der Staatspräsident ist kein rassistisches, stigmatisierendes Urteil zu blöd wenn es gegen die Minderheit der Roma und Sinti geht. Er plädierte für eine Änderung der Einwanderungsgesetze, um die Ausweisung "aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" zu erleichtern und warf den Landfahrern ("gens de voyage") Kinderhandel und -ausbeutung sowie Prostitution vor. Vertreter der Minderheit waren zu dem Treffen am Mittwoch, an dem neben dem Innen-, Justiz- und Einwanderungsminister auch hochrangige Polizeifunktionäre teilnahmen, nicht eingeladen.

Steuerfahnder sollen Landfahrer überprüfen. Die Regierung wolle außerdem zehn Steuerfahnder in die Lager von sogenannten Landfahrern schicken, um zu überprüfen, ob sie korrekt Steuern zahlen. Bereits vor der Sitzung hatte es heftige Kritik der Opposition und antirassistischen Gruppen gegeben, die der Regierung die Stigmatisierung und Ausgrenzug einer Minderheit vorwerfen.


In Frankreich sind offiziell etwa 400.000 Menschen als Landfahrer registriert, eine Verwaltungskategorie, die seit den 1970er Jahren existiert. Etwa 95 Prozent von ihnen sind Franzosen, nur etwa ein Drittel von ihnen ist nicht sesshaft. Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern sind verpflichtet, den Landfahrern geeignetes Gelände zur Verfügung zu stellen, wenn sie sich dort niederlassen wollen. In der Realität geschieht dies allerdings nur selten. Daneben gibt es Roma, die häufig die rumänische und bulgarische Staatsangehörigkeit haben. Sie können als EU-Bürger problemlos in Frankreich einreisen, aber abgeschoben werden, wenn sie sich strafbar machen.

Hintergrund-Foto - Anhörung am 11. Mai 2010 im Europäischen Parlament zur Ermordung der Roma und Sinti im Nationalsozialismus, Foto Bernd Rausch

13.9.2010 Roma-Lager haben Vorrang. Mißachtung der Rechte der Roma in der EU - Abschiebungen von Roma - Schreiben belegt die rassistischen Anti-Roma Aktionen des französischen Staatspräsidenten.


Das EU-Parlament hat die Abschiebung von Roma aus Frankreich eine "Diskriminierung aufgrund der Rasse und der ethnischen Zugehörigkeit" genannt. Jetzt werden Einzelheiten der französischen Maßnahmen bekannt.

Ein internes Papier des Innenministeriums heizt in Frankreich die Debatte um die Abschiebungen von Roma weiter an. In dem Rundschreiben, das jetzt bekannt wurde, sind konkrete Zahlen für die Abschiebung von Roma vorgegeben.

"300 Lager oder illegale Siedlungen müssen innerhalb von drei Monaten geräumt werden, Roma-Lager haben Vorrang", heißt es in dem Text an die französischen Präfekten von Anfang August, den der Bürochef von Innenminister Brice Hortefeux unterschrieb.

Wie in Deutschland, von allem nichts gewußt. Einwanderungsminister Eric Besson sagte im Fernsehsender France 2, er sei nicht über das Schreiben unterrichtet gewesen.

Vergangene Woche hatte Besson erklärt, Frankreich habe nichts speziell gegen Roma unternommen. Die sozialistische Opposition kritisierte das Schreiben als "unmoralisch und ungesetzlich". Die französische Regierung hatte ihre Gangart gegen illegale Einwanderung und Kriminalität im Juli verschärft. Seither wurden dutzende wilde Roma-Lager geräumt.

Seit Jahresbeginn wurden etwa 8000 Roma zurück in ihre Heimatländer Rumänien und Bulgarien geschickt. Dort stößt der französische Kurs auf teils deutliche Kritik, auch weil keine Programme zur Wiedereingliederung vereinbart wurden. Das EU-Parlament geißelte die Abschiebungen vergangene Woche als Grundrechtsverletzung.

Ausgang
14.09.2010

Roma-Abschiebung
EU droht Frankreich mit Strafverfahren

Die französische Regierung gerät massiv unter Druck: Wegen der Abschiebungen von mehr als tausend Roma bereitet die EU-Kommission ein Strafverfahren gegen Paris vor. Brüssel sieht darin eine Verletzung europäischer Werte und Gesetze.

Brüssel - Im Streit um die Ausweisung von Roma greift die EU-Kommission Frankreich nun direkt an: Die zuständige EU-Kommissarin für Grundrechte und Justiz, Viviane Reding, zeigte sich überzeugt, dass der Kommission kein anderer Weg mehr bleibe, als ein Strafverfahren gegen Frankreich einzuleiten. Den Umgang Frankreichs mit den Roma nannte Reding eine "Schande". Reding betonte, die Diskriminierung ethnischer Gruppen habe in Europa keinen Platz. "Dies ist eine Situation, von der ich dachte, dass Europa sie nach dem Zweiten Weltkrieg nicht noch einmal erleben werde", fügte die Luxemburger Kommissarin hinzu.

Hintergrundbild: Bernd Rausch