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Bericht zur Konferenz “Some […] want the Gypsies
killed” – Antiziganismus und Rassismus in Europa von Anna Striethorst
(Rosa Luxemburg Stiftung Brüssel)
Roma
sind in Europa seit Jahrhunderten massiver Diskriminierung, Ausgrenzung und
Verfol-gung ausgesetzt. Über 60 % der deutschen Sinti und Roma fielen
dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer, in manchen Ländern
Osteuropas waren es noch mehr. Um sich mit dem nationalsozialistischen Völkermord
und mit der Situation der Roma im heutigen Europa zu befassen, fand am 11.
Mai 2010 in Brüssel die Konferenz „Some […] want the Gypsies
killed“ – Antiziganismus und Rassismus in Europa“ statt.

Birgit Daiber, Leiterin
der Rosa Luxemburg Stiftung Brüssel, ging in ihrer Begrüßung
auf den Skandal der bis heute andauernden rassistischen Verfolgung und Diskriminierung
von Roma in Europa ein. Daiber begrüßte die Zeitzeuginnen, die
mit ihrem persönlichen Zeugnis die Dokumentation des Holocaust durch
die Nazis lebendig werden ließen. Die künstlerische Darstellung
der Brüche in der Geschichte und der Trauer in den Bildern von Bernd
Rausch seien ein würdiger Versuch der Darstellung von Unsäglichem.

Romani Rose, Vorsitzender
des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, sprach in seiner Eröffnungsrede
über den offensichtlichen Widerspruch zwischen antiziganistischer Propaganda
und der Lebenswirklichkeit in den Jahrzehnten vor dem Nationalsozialismus:
Sinti und Roma lebten gut integriert als Handwerker und Facharbeiter in Deutschland,
viele von ihnen nahmen als deutsche Soldaten am Ersten Weltkrieg teil. In
bewegenden Worten schilderte Rose, wie das friedliche Zusammenleben mit der
Mehrheitsbevölkerung 1933 jäh unterbrochen wurde, und wie Menschen
unter nationalsozialistischer Herrschaft aus rassistischen Motiven entrechtetet
und ermordet wurden: „Der nationalsozialistische Staat sprach unseren
Menschen kollektiv und endgültig das Existenzrecht ab, nur weil sie als
Sinti oder Roma geboren worden waren.“
Im Anschluss an Roses Rede eröffneten Joachim Brenner vom Frankfurter
Förderverein Roma e.V. und der Saarbrücker Künstler Bernd Rausch
die dokumentarisch-künstlerische Ausstellung „Frankfurt Auschwitz“.
Die Ausstellung „Frankfurt Auschwitz“ wurde erstmals am 2. August
2009 präsentiert, an dem Tag, am dem vor 65 Jahren die letzten 3000 Überlebenden
des „Zigeunerlagers“ Auschwitz ermordet wurden. Die Ausstellung
benennt die Täter, thematisiert die Vernichtung der Roma und Sinti in
Auschwitz und zeigt die Erinnerung der Opfer und Überlebenden auf. Die
Kunstwerke haben die Auslöschung sowohl des Einzelnen als auch der Gemeinschaft
der Roma und Sinti zum Inhalt.
Maria Strauss, Ursula Rose und Patrizia Siwak, Familienangehörige von
Opfern der Nazi-Diktatur, sprachen über die Traumata ihrer Eltern und
Großeltern und darüber, wie deren unfassbare Erlebnisse ihre Familien
bis heute prägen. Die Zeitzeuginnen gingen auch auf das nicht wiedergutzumachende
Versagen der Bundesrepublik im Umgang mit Anerkennung und Entschädigung
des erlittenen Leids ein. Dass der Völkermord viele Jahre als „Kriminalprävention“
verharmlost wurde und erst im Jahr 1982 als rassistisches Verbrechen anerkannt
wurde, hat die Ängste und das Misstrauen der Opfer immer wieder aufleben
lassen.
Die anschließende Podiumsdiskussion befasste sich mit Antiziganismus
im modernen Europa. Anna Striethorst, wissenschaftliche Mitarbeiterin der
Rosa Luxemburg Stiftung Brüssel, zeigte anhand einer aktuellen BBC-Dokumentation
zum Thema „Gypsy child crime“, wie verbreitet Antiziganismus in
den europäischen Massenmedien ist. Striethorst rief dazu auf, nicht nur
offensichtliche Vorfälle rassistischer Gewalt zu verurteilen, sondern
sich auch mit den eigenen, scheinbar selbstverständlichen Vorurteilen
auseinanderzusetzen.
Dr. Udo Engbring-Romang von der Gesellschaft für Antiziganismusforschung
e.V. setzte sich mit Beispielen des Antiziganismus in aktueller Forschung
und Medien auseinander. Engbring-Romang machte deutlich, dass Antiziganismus
in Europa nie ein gesellschaftliches Randphänomen war, sondern tief in
der christlich-abendländischen Gesellschaft verwurzelt ist.
Ivan Ivanov, Direktor des European Roma Information Office, ging auf die Herausforderungen
im politischen Kampf gegen Diskriminierung und Hassreden ein. Ivanov verurteilte
ungerechtfertigte polizeiliche Maßnahmen gegen Roma und wies darauf
hin, dass die Mehrheit der Roma aus den schlimmen Erfahrungen der Vergangenheit
heraus Angst vor der massiven Datenerfassung durch Behörden hat. Der
Schlüssel zur Überwindung jahr-hundertealter Vorurteile liegt nach
Ivanovs Ansicht darin, das Wissen der Mehrheitsgesellschaft über das
Leben der Roma zu fördern.
Dr. Cornelia Ernst, Abgeordnete der Fraktion GUE/NGL im Europäischen
Parlament, hob in ihrem Schlusswort die historische Verantwortung hervor,
die Deutschland und Europa den Überlebenden des Holocaust gegenüber
haben. Dieser Verantwortung kann Deutschland nur gerecht werden, indem es
die derzeit stattfindenden Abschiebungen von mehr als 10.000 Roma in das Kosovo
aussetzt. Auf Ebene der EU braucht es nach Ernsts Ansicht eine „European
Framework Strategy“, um Diskriminierung und Ausgrenzung der größten
europäischen Minderheit wirkungsvoll entgegenzutreten.
Die
Ausstellung „Frankfurt Auschwitz“ wird bis zum 11. Juni 2010 montags
bis freitags, 10 bis 17 Uhr in der Rosa Luxemburg Stiftung zu sehen sein.
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Eröffnung:
Konferenz & Ausstellung
Fotos: Rosa
Luxemburg Stiftung Brüssel + Bernd Rausch
Roma
sind in Europa seit Jahrhunderten massiver Diskriminierung, Ausgrenzung und
Verfol-gung
Roma
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Roma sind in Europa seit Jahrhunderten massiver Diskriminierung, Ausgrenzung
und Verfol-gung
Roma sind in Europa seit Jahrhunderten massiver Diskriminierung, Ausgrenzung
und Verfol-gung
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