Der richtige Roman mit falscher Story
Diskussion In »Der Implex« von Dietmar Dath und Barbara Kirchner
hat die literarische Form gegenüber linker Reflexion das Kommando übernommen
Von Raul Zelik
Keine vier Wochen ist es her, dass Barbara Kirchners und Dietmar Daths »Roman in Begriffen«, immerhin 880 Seiten dick, erschienen ist, und schon haben ein Dutzend deutschsprachiger Feuilletons das Buch vorgestellt. Das ist insofern einigermaßen überraschend, als es sich um eine glühende Verteidigungsschrift des Kommunismus, richtiger: der Traditionslinie Marx-Engels-Lenin handelt. Kein Manifest im eigentlichen Sinne, aber für philosophische Prosa doch recht agitatorisch.
Dass ein derartiges Buch wahrgenommen wird, hat natürlich nicht nur mit der Krise, sondern auch mit den AutorInnen zu tun. Kirchner ist Professorin für theoretische Chemie und schreibt Science-Fiction-Romane, Dath war Wissenschaftsredakteur der FAZ, leitete das Musikmagazin Spex und gilt als einer der originellsten deutschsprachigen SchriftstellerInnen. Wenn diese beiden sich zum Ziel setzen, den - in den Verhältnissen implizierten (daher »Implex«) - Möglichkeiten der Veränderung nachzuspüren, kann man also Vielschichtiges erwarten.
Und wirklich ist die Fähigkeit, in nicht-zwingenden Verknüpfungen
zu denken, das heißt, Horrorfilm und leninistische Organisationsdebatte,
Feminismus und Quantenphysik zusammenzubringen, die große Stärke
des Buchs. Für die AutorInnen, die mit Verachtung für den sogenannten
Poststrukturalismus nicht geizen, muss ein derartiges Lob irritierend sein,
deswegen sei es ihnen an dieser Stelle nicht erspart: In seiner assoziativen
Methode, zwischen unterschiedlichen Feldern zu springen und sich auf den jeweiligen
Ebenen eher wuchernd als linear auszudehnen, erinnert »Implex«
an »Tausend Plateaus« von Gilles Deleuze und Félix Guattari
- allerdings unter umgekehrten Vorzeichen. Kam bei Deleuze und Guattari meist
Blödsinn heraus, wenn sie Naturwissenschaftliches einzubauen versuchten,
so wird es bei Dath und Kirchner am Schiefsten, wenn sie im engeren Sinne
politisch argumentieren.
Traditionsmarxistischer Wahrheitssprech
Das ist deshalb problematisch, weil »Der Implex« in erster Linie eine politische Schrift sein soll. Das erklärte Vorhaben lautet, das emanzipatorische Projekt der Aufklärung zu rehabilitieren und den Marxismus als dessen Verlängerung sichtbar zu machen. Auf dieser Argumentationslinie entwickeln die AutorInnen viel Lesenswertes, etwa der Abschnitt »Feminima Moralia«, wo es um Geschlechterdifferenz und Feminismus geht, oder das Kapitel »Oh, L'Amour«, in dem über Liebe als empirischer Beweis für freiere soziale Beziehungen nachgedacht wird.
Doch an entscheidenden Stellen schlägt »Der Implex« in den schlimmsten traditionsmarxistischen Wahrheitssprech um. Kritisches Denken, das ohne Lenin auskommt, wird lässig heruntergeputzt, teleologische Begriffe (wie der des »gesellschaftlichen Gesetzes«) werden begeistert aus der Klamottenkiste der Zweiten Internationale gekramt, und als Beispiel politischer Praxis wird ausgerechnet auf Organisationen wie die stalinistische KP Griechenlands verwiesen. Hallo?, möchte man fragen, auf welchem Planeten habt Ihr die letzten 30 Jahre eigentlich gelebt?
»Der Implex« offenbart an dieser Stelle einen eigenartigen Widerspruch.
So belesen die AutorInnen sein mögen, das Buch wirkt in politischer Hinsicht
erstaunlich schlecht informiert oder vielleicht richtiger: kontextlos. Die
AutorInnen ziehen energisch gegen die Technikfeindlichkeit der neuen Linken
ab 1970 zu Feld. Dass »Zurück-aufs-Land« keine gesellschaftliche
Strategie sein kann - geschenkt. Doch wie verhält es sich mit den klügeren
Einwänden der Fortschritts- und Entwicklungskritik? Wenn Technik nicht
neutral ist, da sich Herrschafts- und Klassenverhältnisse in sie einschreiben
(wie das Fließband in der Fabrik deutlich macht), wie kann dann eine
emanzipatorische Aneignung bestehender Technik aussehen? Dass sich der Staatssozialismus
für die fordistische Fabrik begeisterte, war ja mehr als nur eine Fußnote
dieses gescheiterten Projekts. Analog hierzu wäre auch genau zu erklären,
wie man den »Fortschritt« rehabilitieren will, ohne die Kritik
zu übergehen, die Entwicklung als (post)koloniales Herrschaftsparadigma
entziffert hat. Um das überzeugend machen zu können, müssten
sich Dath und Kirchner viel intensiver auf die von ihnen abgelehnten Theorien
einlassen.
Gegenhegemonie in fragmentierten Gesellschaften
Zu oft hat man beim Lesen den Eindruck, dass sich »Der Implex« systematisch gegenüber Irritationen abzuschirmen versucht. Bei den Ausführungen über den Staat ziehen Dath und Kirchner über den Anti-Etatismus der AnarchistInnen her, ordnen Nicos Poulantzas - ziemlich nebulös - der Regulationstheorie zu, um ihn damit abzuwatschen, und kehren nach überraschend kurzer Schlacht zu Lenin zurück: die Eroberung der Staatsmacht ist unumgänglich. Der Erkenntnisgewinn tendiert gegen Null, denn die Frage stellt sich doch längst weitaus komplexer: Welches Verhältnis müsste eine Emanzipationsbewegung zum Staat entfalten, wenn klar ist, dass die Herrschaftseinrichtung »Staat« Gegenbewegungen (und zwar nicht nur reformistische, sondern auch revolutionäre) immer wieder bis zu deren Unkenntlichkeit assimiliert, gleichzeitig mikropolitische Praktiken (anders als Foucault und Deleuze hofften) keinen Systembruch nach sich ziehen und neuere Entwicklungen (v.a. in Lateinamerika) auch zeigen, dass Regierungspraxis zwar in der Regel nur selten die Aneignung von unten fördert, aber durchaus das Potenzial dazu besitzt?
Dath und Kirchner bekennen sich zwar als MarxistInnen, doch an den zeitgenössischen, an Marx anlehnenden Debatten beteiligen sie sich nicht. Genau das jedoch würde man gern lesen: Wie lassen sich David Harveys Thesen zum organisierten antikapitalistischen Übergang weitertreiben, oder warum sind sie vielleicht falsch? Was ist an der von Zizek, Butler und Laclau geführten Debatte darüber, wie sich in fragmentierten Gesellschaften wieder gegenhegemoniale Bewegungen konstituieren können, brauchbar? Wer oder was könnte da wie zum führenden Moment werden? Und ja, sicher: Luxemburgs Texte zu Reform und Revolution oder zur Landnahme sind überraschend aktuell. Aber wo und wie beschreiben sie unsere Realität konkret?
Wenn man Interviews mit Dath und Kirchner hört, merkt man, dass die beiden nicht vernagelt sind. Doch gerade für jemanden, der ihr Anliegen teilt - die Idiotie der Akkumulation muss durch gesellschaftliche Übereinkunft ersetzt werden, und deshalb ist Communismus ein demokratisches, vernünftiges Projekt -, liest sich ihr Buch wie ein selbstreferenzieller Monolog. (1)
Ein interessantes Buch bleibt es trotzdem. Sprachlich sprießt hier so viel und in so viele Richtungen, dass der Wahrheitsverkündung ästhetisch ein Riegel vorgeschoben wird. Insofern geht »Der Implex« als Prosa dann doch über die auf Handhabbarmachung bedachte Tradition der Zweiten Internationale weit hinaus. Ein gutes Beispiel dafür, dass die Form den Inhalt produktiv unterlaufen kann. Der richtige Roman also, nur mit der falschen Geschichte?
Raul Zelik ist Schriftsteller und Professor für Politik an der Nationaluniversität Kolumbien.
Dietmar Dath und Barbara Kirchner: Der Implex. Sozialer Fortschritt: Geschichte und Idee. Suhrkamp, Berlin. 880 Seiten, 29,90 EUR
Anmerkung:
1) Vgl. Rauk Zelik: Nach dem Kapitalismus. Perspektiven der Emanzipation oder: Das Projekt Communismus anders denken. Hamburg 2011.
D: 29,90 €, A: 30,80 €, CH: 40,90 sFr
NEU:: 13.02.2012, Broschur, 880 Seiten, ISBN: 978-3-518-42264-9
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.....Leseprobe
Diemar Dath, Barbara Kirchner
Der Implex - Sozialer Fortschritt: Geschichte und Idee
»Dath
& Kirchner verfügen zweifellos über ein herausragendes geistiges
Munitionsdepot.«
Arno Orzessek, Deutschlandradio Kultur
Inhalt
Morgen wird alles besser: An dieser Parole erkennt man seit der Aufklärung
die Anhänger des sozialen Fortschritts, während die der Finsternis
bellen, daß früher alles besser gewesen sei. Die einen setzen auf
Wissenschaft und Technik, damit Freiheit, Wohlstand, Bildung und Schönheit
sich mehren, die anderen auf Tradition, Blut, Boden, Familie, Vaterland und
sonstigen Urväterhausrat, damit alles nicht noch schlimmer werde, als
es ohnehin schon ist.
Dieses Buch behauptet, daß jede Zeit, jede Handlung, jeder Gedanke tatsächlich
mehr Möglichkeiten der Selbstverbesserung enthält, als man auf den
ersten Blick sieht. Den inneren Zusammenhang dieser verborgenen Freiheitsgrade
nennt das Buch »Implex«. Das Wort bezeichnet ein Modell, mit dem
man erklären kann, wie Fortschritt in den Mühen tatsächlicher
Menschen verwirklicht wird. Es macht verständlich, warum nur Epochen,
die sich bestimmte Irrtümer erlauben, auch bestimmte Wahrheiten finden
können, und es zeigt, daß die Aufklärung der Gegenwart Werkzeuge
der Emanzipation vererbt hat, von denen sie selbst gar nichts wußte.
Es verdeutlicht schließlich, was an dieser Lehre und anderen praktischen
und theoretischen Hinterlassenschaften der historischen Linken wertvoll bleibt
– bis heute.
Auf dem Weg zu diesen Resultaten unternimmt das Buch Reisen durch realistische
Forschung und phantastische Kunst, stellt bekannte und unbekannte Revolutionen,
Kriege, Formen des Unrechts und des Widerstands dar und öffnet die Sicht
auf Zeitabschnitte, von denen gar nicht so leicht zu entscheiden ist, ob sie
Zukunft sind, Vergangenheit oder Gegenwart.
aus: 3sat.de..... You toube
Den Fortschritt überwinden
Dietmar Daths und Barbara Kirchners "Der Implex"
Ob das "Exzellenzcluster normativer Ordnungen" an der Uni Frankfurt
oder Bazon Brock mit seiner "Denkerei", allerorten wird versucht
herauszufinden, wie soziale Umbrüche möglich sind, und ob es so
etwas wie Fortschritt gibt. Das Buch "Der Implex" des Schriftstellers
Dietmar Dath und der Chemie-Professorin Barbara Kirchner ist, wie die Autoren
sagen, "eine Art Roman in Begriffen".
Der technische Fortschritt hat uns in seinen Bann gezogen. Seit mehr als zwei
Jahrtausenden strebt der Mensch danach, sich die Kräfte der Natur dienstbar
zu machen. Doch dient dieser Fortschritt auch dem Menschen, macht er uns freier
und menschlicher? "Nur weil wir einen technischen Fortschritt haben,
ist das noch nicht das Heilsversprechen der Menschheit", sagt Barbara
Kirchner, Professorin für theoretische Chemie." Zum Beispiel die
Atombombe. Was man damit alles machen kann. Man greift damit in atomare Prozesse
ein und kann die ganze Menschheit vernichten."
Ihr Co-Autor, der "FAZ"-Redakteur Dietmar Dath, sagt: "Und so ist es eigentlich mit jedem Beispiel für technischen Fortschritt. Mein Lieblingsbeispiel ist die Dampfmaschine, man sagt die Muskelkraft ist jetzt ersetzt von etwas Mechanischem. Und der naive Glauben würde sagen, also wenn A, dann B, A mehr Freizeit für alle, B weniger Arbeitszeit. Der Witz ist, wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse so sind, dass die Dampfmaschine Leuten gehört, die einfach Geld verdienen wollen, dann heißt das eben nicht mehr Freizeit, sondern für die einen Akkord, also noch mehr Arbeit, weil die Maschine einen anderen Rhythmus vorgibt, und für die anderen Arbeitslosigkeit."
Mehr Freiheit und Teilhabe
Barbara Kirchner und Dietmar Dath wollen die Idee des sozialen Fortschritts
neu bestimmen. Wie lassen sich mehr Freiheit, Individualität, Teilhabe
und soziale Sicherheit mit dem Fortschritt verwirklichen? Die Chemie-Professorin
und der "FAZ"-Redakteur haben darüber das Sachbuch "Der
Implex" in Romanform geschrieben. "Dieses Wort 'Implex' kommt von
Paul Valery", erklärt Dath. "Einem Dichter, der das benutzt
hat, um zu sagen, dass in Texten, Situationen, die eine Nachtseite haben,
Möglichkeiten schlummern. Der Witz ist, es ist ein dichterisches Wort
für einen wissenschaftlichen Gedanken."
Auf mehr als 800 Seiten jagen sie den "Implex" assoziativ durch die Fortschrittsgeschichte. Dabei schärfen sie das Bewusstsein für verpasste Gelegenheiten, die Welt auch menschlicher zu gestalten. Ein Roman in Begriffen. Egal, ob Liebe, Kunst, Philosophie, Krieg oder Science Fiction, es geht um eine Haltung gegenüber der dunklen Seite des Fortschritts. "Wenn man sagt, man hat jetzt Herrschaftsmittel über die Natur, dann ist immer die Frage, wie spielt hier die Herrschaft von Menschen über Menschen damit rein", sagt Dath. "Wenn dagegen nichts gemacht wird, dann ist das tollste Mittel zur Freisetzung von Verfügbarkeit von Natur letztlich immer nur ein Gewalt- und Unterdrückungsinstrument."
Zwei Seiten einer Medaille
Barbara Kirchner erklärt: "Zum Beispiel hat die Pille sehr viele
Freiheiten für die Frau gebracht. Man kann jetzt Bildungswege gehen,
die man vorher nicht gehen konnte, weil man keine Kinder bekommt. Auf der
anderen Seite kann das auch als Erpressung dienen, nach dem Motto: Ihr könnt
nur Jobs bekommen, Manager werden, wenn ihr keine Kinder habt. Damit ist man
auch wieder erpressbar. Ich kann mich mit der Technik von der Natur befreien,
aber ich muss mich auch bei sozialen Fortschritten von Ausgrenzung befreien."
Und Dietmar Dath ergänzt: "Das ist ein Menschenjob".
Die Autoren sehen die Zeit für eine politische Neubestimmung des sozialen Fortschritts und damit der gesellschaftlichen Verhältnisse gekommen. Die Piraten-Partei als Vorboten eines herrschaftsfreien Diskurses, der langfristig ohne den Zwangscharakter des Staates auskommen will. Ist die repräsentative Demokratie, wie wir sie kennen, ein Auslaufmodell? "Warum gibt es Abgeordnete, warum gibt es Parlamente", fragt Dath. "Weil die sich irgendwann überlegt haben, es wäre doch schön, wenn die Leute über ihr Leben selbst bestimmen könnten. Aber wir können nicht immer alle zur selben Zeit abstimmen." In einem Flächenstaat könnten sich nicht mehr alle Vollbürger auf dem Marktplatz treffen und eine Scherbe werfen, wie im alten Athen. Also hieße es, unser technischer Stand erlaube kein anderes System, als mit dem Pferd durch die Gegend zu reiten. "Das ist doch gar nicht mehr so. Man kann überprüfen: Sind die politischen Formen, sind die Besitzformen, also Copyright, oder eine Entdeckung im gentechnischen Bereich, sind diese Eigentumsformen dem Reichtum, den wir an Wissen und Technik haben, angemessen? Wenn sie es nicht sind, muss man sie ändern."
Kommunismus 2.0
Mit den Ideen von Marx und Lenin wollen Kirchner und Dath den Kapitalismus
überwinden. Der "Implex" ist ein neuer Begriff, der auf ein
altes Programm verweist. Der überzeugte Kommunist Dietmar Dath sagt:
"Die kapitalistische Gesellschaft ist die Phase im Menschenleben, die
die Aufgabe gehabt hat, uns von ein paar Naturzwängen zu befreien. Sie
haben die Eisenbahnen gebaut, sie haben ein paar Sachen gemacht, dass man
nicht mehr nur auf die Ernte, also die Natur angewiesen ist." Barbara
Kirchner wirft ein: "Es ist doch toll, dass ich einen Staubsauger habe."
Dietmar Dath fährt fort: "Erstmal ist das gut. Aber das Problem
ist, dass davon viele gesellschaftliche Sachen nicht gelöst werden. Es
existiert ein Vorstellungsvermögen, dass man doch einen Staudamm bauen
oder irgendwelche fürchterlichen Krankheiten bekämpfen kann. Das
macht man dann mittels der Wissenschaft. Aber damit ist noch keine Vorstellung
davon da, wie man anders miteinander leben könnte. Das ist keine Domäne
der Naturwissenschaft, das könnte aber eine Domäne der Kunst sein."
Die Gesellschaft wird sich auf die Kunst beziehen
Dath erklärt weiter: "[Es könnten] Fantasien darüber [sein],
wie Menschen die Dinge anders sehen können. Wie sie anders zueinander
stehen können. Ich finde es einen sehr schönen Gedanken, wenn Du
sagst, die Gesellschaft, die nach dem Kapitalismus kommt, die bessere, die
freiere Gesellschaft, wird sich so stark auf die Kunst beziehen, wie sich
die frühe Neuzeit, der frühe Fortschritt auf die Technik und die
Naturwissenschaft bezogen hat. Das würde ich unterschreiben."
Kirchner und Dath trauen sich offene Fragen mit utopischer Qualität zu stellen. Der "Implex" ist der Versuch, sozialen Fortschritt als die freie Entwicklung des Einzelnen und aller zu denken, aber ob die Kunst das alleine leisten kann? Ein Anfang ist es allemal. "Der Implex wird so nicht stehen bleiben", meint Kirchner. "Er wird verändert, verbessert und angepasst. So wie man ihn dann braucht." Und Dath glaubt, "dass der Fortschritt irgendwann einmal eine sehr altmodische, reaktionäre und zurückgebliebene Idee sein wird. Weil die Leute irgendwann ganz anders leben werden als im Hinblick auf: 'wie können wir dem Elend entfliehen' oder 'eine Not bezwingen'? Weil es vielleicht irgendwann so sein wird, dass die Leute, die wir heute bewundern, weil sie etwas leisten was vielen zur Gute kommt, in Zukunft vielleicht eher bemitleidet werden. Nach dem Motto: Der musste ein ganzes Jahr in diesen Bottich gucken, um die Krankheit zu besiegen, das Problem haben wir nicht mehr. Wir haben viel schönere und bessere Probleme."
Den Fortschritt zu überwinden ist noch eine Utopie. Doch mit ihrem vielschichtigen Roman hauchen Barbara Kirchner und Dietmar Dath dem Prinzip Hoffnung wieder neues Leben ein.