Tagebuch Die Röchlings und die Völklinger Hütte -
Tag 51 - 10. Januar 2015
Die ideologische Aufrüstung - Der Kult der Arbeit
Kriegsvorbereitung im Röchling-Werk. Nie hat ein System einen stärkeren
Kult der Arbeit und des arbeitenden Menschen betrieben und zugleich die
Arbeiterschaft politisch entmachtet wie dies das System der Nazis tat. Der
nationalsozialistische Staat schüchterte die Arbeiter ein, beraubte sie
ihrer politischen und gewerkschaftlichen Vertretung, und umwarb sie zugleich
mit einer mythischen Überhöhung des Arbeitsbildes in der Propaganda
und in der Kunst.
Abbildungen für die Arbeiter der Völklinger Hütte fanden sich
in der Werkzeitung, die seit Mai 1935 als Propagandaorgan der NS-Ideologen
diente und in der eineklassenlose Betriebsgemeinschaft propagiert
wurde. In zahlreichen Ausgaben des vierzehntäglich erscheinenden Völklinger
Hüttenmanns wurden die Arbeiter und ihre Familien direkt aus der
Berliner NS-Zentrale versorgt. Mit Parolen über die Schönheit
der
Arbeit, die Ehre der Arbeit, die soziale Ehre
oder vom hohen Lied
der Arbeit wurden die Werktätigen allumfassend zugedichtet.
Ende 1934 musste der Schlosser ein Hakenkreuz aus Rohren anfertigen.
In die Rohre waren Löcher gebohrt, aus denen Gas austrat. Entzündet
brannte das Hakenkreuz einige Monate an der Erzbrücke auf dem Hüttengelände.
Nach dieser über Monate dauernden Einübung
mit vielfältigen Mitteln aus dem Reportoire der Nazi-Propaganda wurde
die Belegschaft der
Röchling-Hütte auf ihre kommende Funktion des Soldaten der
Arbeit zugerichtet.
Siehe auch Band 1 (1873 bis
1945): "Aufstieg und Wandel - 140 Jahre Völklinger Hütte"
von Hubert Kesternich, der im Frühjahr 2015 im Blattlaus Verlag (Saarbrücken)
erscheint. S. 454