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Tagebuch “Die Röchlings und die Völklinger Hütte”

Tag 55 - 21. Januar 2015

 

Der deutsche Zwangsarbeiterstaat - fünfzehn Millionen Menschen, die als
Zwangsarbeitskräfte ausgebeutet wurden

 

(aus Band 1 (1873 bis 1945): "Aufstieg und Wandel - 140 Jahre Völklinger Hütte" von Hubert
Kesternich, der im Frühjahr 2015 im Blattlaus Verlag Saarbrücken erscheint)

Dass die „OstarbeiterInnen“ unfreiwillig in den deutschen Rüstungsbetrieben arbeiteten,wusste niemand besser als die Vertreter der deutschen Schwerindustrie: „Man muß sich immer vor Augen führen, daß die ausländischen Arbeiter doch mehr oder weniger Zwangsarbeiter sind.“ Auf den Punkt brachte der „Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz“ Fritz Sauckel den Status der ausländischen Arbeiter auf der 54. Tagung der Zentralen Planung am 1. März 1944, wo er zur Gesamtlage der ausländischen Arbeitskräfte ausdrücklich feststellte:
„Von den fünf Millionen ausländischen Arbeitskräften, die nach Deutschland gekommen sind, sind keine 200.000 freiwillig gekommen.“ Damit waren jene fünf Millionen ausländischer Arbeitskräfte gemeint, die bis zum Amtsantritt Sauckels als „Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz“ Ende März
1942 nach Deutschland kamen. Bis Kriegsende kamen weitere sieben
Millionen hinzu, außerdem mehr als zwei Millionen Kriegsgefangene
und etwa eine Million KZ-Häftlinge. Danach gab es auf dem Territorium des „Dritten Reichs“ insgesamt etwa fünfzehn Millionen Menschen, die als Zwangsarbeitskräfte ausgebeutet wurden – sicherlich nicht alle gleichzeitig, denn viele wurden erst in den letzten Kriegsjahren verschleppt, als andere bereits umgekommen oder umgebracht worden waren, und manchen gelang auch die Flucht.

„In den nächsten Wochen sei bereits mit einem verstärkten Zugang aus der Ukraine zu rechnen, allerdings wohl bis zu 80 % Frauen“ teilte H. Röchling den Mitgliedern des großen Ausschusses am 10. Mai 1943 mit. Indes waren die Frauen über die Arbeitsbedingungen derart unzufrieden, dass von 180
aus dem Raum Pirmasens an die Betriebe der Außenstelle Südwest überwiesenen „Ostarbeiterinnen“ innerhalbder letzten 14 Tage 20 Frauen flüchtig waren. Darüber hinaus waren die Frauen für schwereArbeit auf
den Hüttenwerken völlig ungeeignet. „Beim Abladen von Koks sei die
Leistung so minimal gewesen, daß bei Umrechnung auf die bestehenden Akkorde nur ein Lohn von 10 bis 16 Pfg. je Stunde verdient worden sei.
Die Ziffer der nicht zur Arbeit Kommenden sei erschreckend groß. Es sei offenbar nur der Ausschuss aus der Saarpfalz gekommen.
5 Ostarbeiterinnen leisteten, was 2 Männer leisten würden.“

H. Röchlingverwies auf die Notwendigkeit der Eingewöhnung.
„Im übrigensolle man die Mittel, die erlaubt seien und die auch helfen, anwenden und die Arbeitsleistung mit der
Essenszuteilung koppeln.“

Unverhohlen erklärte damit H. Röchling, dass diejenigen, die zu
jung und schwach waren, um die schwere Arbeit des Koksladens zu verrichten, weniger zu essen bekommen sollten.