Tagebuch Die Röchlings und die Völklinger Hütte -
Tag 45 - 3. Januar 2015
Als die bestehenden Dämme
des katholischen Milieus gegenüber dem
NS-Regime an der Saar brachen ...
(aus Band 1 (1873 bis 1945):
"Aufstieg und Wandel - 140 Jahre Völklinger Hütte" von
Hubert
Kesternich, der im Frühjahr 2015 im Blattlaus Verlag (Saarbrücken)
erscheint). S. 423
Nach der Zustimmung der bürgerlichen
Parteien zu dem Ermächtigungsgesetz der HitlerRegierung am
23. März 1933 erfolgte ein Absetzen von deren Mitgliedern zur NSDAP.
Dazu trugen nicht zuletzt die Treueerklärung gegenüber der rechtmäßigen
Obrigkeit durch die
Fuldaer Bischofskonferenz vom 28. März 1933, der gemeinsame
Hirtenbrief der deutschen Bischöfe vom 8. Juni 1933, der eine endgültige
Bejahung des neuen Regimes und eine geradezu emphatische Begrüßung
des diktatorischen Systems enthielt, und der Abschluss des Reichskonkordats
zwischen Hitler-Regierung und Vatikan vom 20. Juli
1933 bei. Sie ließen, wie (der Historiker Gerhard) Paul zutreffend feststellte,
die noch bestehenden Dämme innerhalb des katholischen Milieus
gegenüber dem NS-Regime auch an der Saar bersten.
Durch die Erklärung des deutschen Episkopats, so der Saarbrücker
Landrat Anfang April 1933, sei doch eine sehr feste Schranke gegen
den Übergang weiterer zahlreicher Bevölkerungsschichten zur NSDAP
weggefallen. Eine Tatsache, deren Bedeutung für das über 72% dem
katholischen Glaubensbekenntnis angehörige Saargebiet nicht
unterschätzt werden darf.
In der Erklärung der Bischöfe hatten diese die bisher geübten
Vorbehalte bzw. Verbote und Warnungen gegenüber der NSDAP als gegenstandslos
erklärt. Diese Sichtweise teilten die Bürgermeister des Landkreises
Saarbrücken in ihren Berichten an den Landrat, darunter auch der
Völklinger Bürgermeister Karl Janssen. Seit der Zustimmung des
Zentrums in Deutschland zum Ermächtigungsgesetz stehe die Mehrheit
der Bevölkerung hinter dieser Regierung der nationalen Konzentration,
wodurch die NSDAP in der Hüttenstadt starken Zulauf erhalte.