Tagebuch “Die Röchlings und die Völklinger Hütte”
Tag 24 – 11. November 2014
Die Röchlings und ihre Nazis
Die Tagebuchauseinandersetzung gründet sich u.a. aus den folgenden Überlegungen:
1. Warum wird eine solch pompöse Schau über den Röchling-Klan inszeniert, wo doch das tradierte historische Bewusstsein großer Bevölkerungsschichten in Völklingen eine ganz andere Ausstellung und Auseinandersetzung erfordert hätte.
Eine Auseinandersetuzng mit dem Erbe der Röchling-Kriegsverbrecher
ist angesagt, eine Ausstellung, die eine radikale Infragestellung der Ehrung
der Kriegsverbrecher zum Inhalt hat, eine Ausstellung, welche die Verbrechen
der Röchlings schonungslos darstellt, so dass daraus
die klare Erkenntnis folgt, dass eine Ehrung der Naziverbrecher nicht mehr
stattfinden kann. Eine Ausstellung müsste das Bewusstsein über die
Taten der Röchlings schärfen und darstellen, wie es dem Nazi-Industriellen
Hermann Röchling gelang, seine “braven Arbeiter” mit ins Naziboot
zu nehmen. Es müsste eine Ausstellung sein, die anhand historischer Daten
und Fakten aufzeigt, wie die Hüttenarbeiterschaft Schritt für Schritt
Teil des Naziverbrechens wurde. Nur so würde deutlich, wie es möglich
wurde, dass 1948 111 Rentner (ehemalige Arbeiter und Angestellte der Röchling-Werke)
sich bereit erklärten, die Haftstrafe für den in Rastatt verurteilten
Kriegsverbrecher abzusitzen.
Dieter Gräbner schreibt hierzu in seinem
Buch “Wer war Hermann Röchling”: “Am 15. November 1948
… erreichte Hermann Röchling
ein Geburtstagsgeschenk … ‘Da wir alle von seiner (Hermann Röchlings)
Unschuld und seinem guten Willen überzeugt sind, erbieten wir uns anteilig
den Rest der Freiheitsstrafe persönlich zu übernehmen …’”
Das Schreiben, das von 111 Personen unterzeichnet war, wurde dem Berufungsgericht
in Rastatt zugestellt.
Was waren die Bedingungen, welche die Arbeiterschaft
und deren soziales Umfeld, jenseits des Kapital- und Ausbeutungsverhältnisses,
dazu veranlasste, eine Art Symbiose mit ihrem Nazi-Herren
einzugehen? Ich denke, dass die Nazi-Ideologie alleine nicht
hinreichend ist, um zu erklären, weshalb noch 2014 eine
überwältigende Mehrheit der Bevölkerung des Völklinger
Stadtteils Röchlinghöhe sich gegen eine Rückbenennung “ihres
Stadtteils” in “Bouser Höhe” entschieden hat und weshalb
der Naziverbrecher Hermann Röchling nicht aus der Ehrenbürgerliste
der Stadt
gestrichen wird. Im Prozeß dieser Tagebuchauseinandersetzung
werde ich versuchen, eine These zu formulieren, die einige der historischen
Bedingungen benennt, die Grundlage für das Völklinger Desaster sind.
Dieter Gräbner – Wer war Hermann Röchling?
- Conte Verlag
www.conte-verlag.de/dieter-gr-bner-wer-war-hermann-r-chling