Tagebuch Die Röchlings und die Völklinger Hütte
Tag 17 15. Oktober 2014
Ich war heute wieder an der Hauptkasse im Weltkulturerbe,
um mir
das beantragte Jahresticket abzuholen. Aufgefallen ist mir, dass einen Monat
nach Ausstellungseröffnung noch immer kein Ausstellungskatalog im großen
Kassenraum liegt, dort wo man alles findet, was es über die Völklinger
Hütte und das Weltkulturerbe zu kaufen gibt. Alle Kataloge, soweit sie
nicht vergriffen sind, über alle Ausstellungen, die jemals im Weltkulturerbe
stattgefunden haben, sind dort zu erwerben, außer dem Katalog über
die Ausstellung Die Röchlings und die Völklinger Hütte.
Etwas verwundert verlasse ich den Raum und begebe mich in die Ausstellung.
Das Tribunal Général, die Rastatter Prozesse und die Anklage gegen Hermann Röchling und andere. Dieses Dokument ist in der Ausstellung einzusehen.
Teil IV
Auszüge aus der Anklageschrift
Sie beteiligten sich in größtem
Ausmaße an der Plünderung der Wirtschaft in den besetzten Ländern.
Schon 1919 waren zwei Leiter
der Firma RÖCHLING, von denen der eine der Angeklagte Hermann Röchling
war, vom Kriegsgericht in Amiens wegen gleichartigen
Taten, die jedoch weit weniger schwer waren, als diejenigen, die ihnen heute
zur Last gelegt werden, verurteilt wurden.
Gleich nach der Invasion Polens, im Oktober
1939, liessen sich die
Leiter der Firma RÖCHLING die Hüttenwerke Baidenhütte
und Koenigshütte mit den Bergwerken König
und Laura zuteilen . Es handelt sich nicht um eine einfache zeitweilige
Veranstaltung, sondern
um eine richtiggehende Eigentumsverteilung, die nach Kriegsende in Rechtsform
gekleidet werden sollte.
Die Besetzung Belgiens, Luxemburgs und Frankreichs
trieb die Leiter
der Firma RÖCHLING dazu an, ihre Unternehmen auch auf diese
Länder auszudehnen. Im Juni 1940 wird Hermann RÖCHLING zum Reichsbeauftragten
der Eisenindustrie der Départements Moselle und
Meurthe et Moselle ernannt. Die Geschäftsführung des Reichsbeauftragten,
der übrigens nicht genau bestimmt war, scheint
sich anfänglich nur auf einen Auskunfts- und Kontrollauftrag erstreckt
zu haben. Herman RÖCHLING überschritt den Rahmen solcher Befugnisse
und gebärdete sich als Herr der Werke, deren Eigentümer ausgewiesen
wurden (bestimmten Besitzern hat er sogar selbst die Ausweisung eröffnet).
Die Leitung dieser Werke übertrug
er einem Stab deutscher Direktoren, in der Mehrzahl Angestellte der
Firma RÖCHLING, nahm die Lagerbestände und Buchhaltungen in Besitz,
setzte die Werke wieder in Gang oder stellte den Betrieb ein,
kurz er benahm sich als rechtmäßiger Besitzer.
Wie die Fabrikwerke in Polen wurden auch die
im Département Moselle und im Grossherzogtum Luxemburg unter die großen
deutschen Firmen verteilt; die Firma RÖCHLING erhielt die Thionville
Werke der Société Lottaine Minière et Metallurgique
und die Fabriken der
Tréfileries de Reichshoffen.