Tagebuch Die Röchlings und die Völklinger
Hütte - Tag 33
Tag 34 5. Dezember 2014
Hans Horch zitierte in seinem Beitrag über den Prozess am 16. Februar 1948 in Rastatt gegen Hermann Röchling u.a. vor dem Tribunal Général du Gouvernement Militaire de la Zone Française dOccupation in den Saarbrücker Hefte 92 aus den Akten .
Teil II
Die Anklagebehörde wirft Hermann
RÖCHLING vor, mit grosser Strenge gegen die in den Fabriken beschäftigten
Kriegsgefangenen und Verschleppten vorgegangen zu sein, um sie zur Arbeit
zu zwingen, und einen unmenschlichen Vollzug der verhängten Strafen geduldet
oder begünstigt zu haben. Wenn RÖCHLING Kriegsgefangene und
Deportierte beschäftigt hat, die ihm, wie anderen Industriellen, als
Arbeitskräfte (
) von den zuständigen Behörden zugeteilt
wurden,
so bleibt zu untersuchen, unter welchen Bedingungen diese Leute
beschäftigt worden sind. In dieser Hinsicht hat die Anklagebehörde
übereinstimmende Beweise von Arbeitern, Ärzten, Krankenpflegern
und Wärtern geliefert. Aus diesem Beweismaterial ergibt sich, dass die
Ernährung vollkommen unzureichend war, die Arbeitskräfte gezwungen
waren ihre persönlichen Gegenstände und ihre Kleidungsstücke
gegen Nahrungsmittel auszutauschen, es viele fleischlose Wochen gab, zahlreiche
Arbeiter krank wurden, eitrige Wunden hatten, vor Ermattung zusammenbrachen
und schleunigst ins Krankenhaus abtransportiert werden mussten. Der Arbeitsinspektor
Immisch hat erklärt, dass die Verhältnisse der Arbeiter bei RÖCHLING,
insbesondere hinsichtlich
der Ernährung, katastrophal waren, die sanitären Einrichtungen kläglich,
die Arbeiter verlaust waren und aus geringfügigen Gründen misshandelt
und dass die ausländischen Arbeitskräfte in jämmerlicher Weise
ausgebeutet wurden, dabei aber für eine sehr schwere Arbeitsleistung
nur eine unzureichende Ernährung erhielten.Die Erklärungen der Lagerärzte
bestätigen den kläglichen Gesundheitszustand der Arbeiter
und die
Erkrankung der Verdauungsorgane, Räude usw. die sich daraus ergeben haben.
Die Kriegsgefangenen hatten bei RÖCHLING ein besonders schweres Los.
Sie wurden bei den
schwersten Arbeiten eingesetzt, in den Walzwerken, der Kokerei, an den Hochöfen,
den Elektro-Öfen, am Brei, und erhielten für diese anstrengenden
Arbeiten nur eine völlig unzureichende Nahrung, sodass sie nur dank der
vom Roten Kreuz und ihren Familien erhaltenen Pakete bestehen konnten. Die
italienischen und russischen Gefangenen, die solche Zuwendungen nicht erhielten,
wurden von den Krankheiten dezimiert. Ein Zeuge schätzt die Todesfälle
bei diesen Gefangenen auf etwa 50%. Die polizeiliche Überwachung des
Betriebs erfolgte durch einen Schutzdienst, der die Bezeichnung Werkschutz
führte. Im April 1943 wurde nach Einvernehmen der Leiter der Firma RÖCHLING
mit der Gestapo ein Schnellgericht geschaffen, das damit beauftragt war, die
Vergehen der ausländischen Arbeiter gegen die Disziplin (wiederholtes
Fehlen, wiederholtes Zu spätkommen, Arbeitsniederlegung, Verweigerung
zusätzlicher Arbeit, undiszipliniertes Verhalten) zu ahnden. Zur gleichen
Zeit wurde im Einvernehmen der Leiter der Firma RÖCHLING mit der Gestapo,
in einer Entfernung von ungefähr 15 km in Etzenhofen ein Straflager errichtet,
in welches die vom Schnellgericht verurteilten Ausländer für die
Dauer von höchstens 56 Tagen eingewiesen wurden. Diese Verurteilten verbrachten
die Nacht in Etzenhofen, wurden morgens in das Röchling-Werk geführt
und abends wieder ins Lager zurückgebracht. Der hauptsächlichste
Vorteil für Hermann RÖCHLING aus der Schaffung dieses Lagers bestand
darin, dass die bestraften Arbeiter, die ursprünglich der Gestapo ausgeliefert
waren und somit für ihn vorläufig oder endgültig ausfielen,
in seinem Unternehmen weiter arbeiteten.